Der folgende Leitartikel ist erschienen am 6. April 2024 im „VioLetter“, dem Spieltagsmagazin der Salzburger Austria
Auf den Tag genau heute vor 19 Jahren kam spätnachmittags eine Meldung über die Agenturen, deren Tragweite enorm sein müsste, deren Ausmaß an diesem Mittwoch aber noch niemand so recht abschätzen konnte. Erst am Wochenende zuvor hat die Nachricht vom Tod von Papst Johannes Paul dem II. die Welt in Atem gehalten, dann also gleich ein epochales Ereignis hinterher, eines für unser kleines Fußballuniversum.
Doch würde es sich auch dabei um eine Todesanzeige handeln? Eher nicht, dachte und/oder hoffte man. Ein heimischer Konzern von Weltrang, also wenn’s eine vernünftige Geldquelle geben kann in diesem Sport … Ein reicher Österreicher mit hoher Sportaffinität, der wird doch vor allem erstmal viel einbringen – viel, wovon Austria Salzburg seit Jahren zu wenig hatte: Geld. Ein Unternehmen vor der Haustür, das es geschafft hat, welches eigentlich eh schon längst Sponsor unseres Vereins sein sollte – na endlich jetzt, der Paradepartner hat den Fußball für sich entdeckt.
Sein oder Nichtsein, das war 2005 die Frage
Da sind wir auch schon bei der Krux an der Sache: Für sich hat besagter Konzern unser schönes Spiel entdeckt, und als Einfallstor ausgerechnet unseren Verein, der marode genug dastand, um die Bedingungen diktiert zu bekommen. Und so war es auch nur eine Frage von Wochen, je weniger man es wahrhaben wollte vielleicht von wenigen Monaten, bis allen klar geworden ist, woran man war mit Denjenigen, die fortan das Sagen hatten. Jeden Tag war irgendein Giftpfeil für unsere Art von Fußball zu erwarten, wann immer man die Zeitung aufblätterte.
Und wahrscheinlich auch, weil man sich Demütigung lieber gerne erspart, sprachen viele in jener Zeit unseren Farben deren Bedeutung ab. Leider auch solche, von denen man meinen hätte können, ihnen müsse doch die gestandene Salzburger Austria mit ihrer schillernden Historie sehr viel bedeuten, ließen jedes Ideal vermissen, blieben stumm oder verunglimpften uns sogar noch öffentlich, mitten im Kampf um den Erhalt der Vereinsidentität.
Wer für die Interpretation all der unfassbaren Zitate eine Zeitlang zu blauäugig war, der wachte spätestens am 13. Juni 2005 um 11:22 Uhr im falschen Film auf: Ein sonniger Montagvormittag, Fußball-Österreich gefiel sich und blickte sich gespannt um, hier nebenan im Hangar; ungewöhnlicher Rahmen, leicht pompös, vieles gab’s gratis, geschenkt dann auch der Moment der Trikotpräsentation: Violett spielt keine Rolle mehr, Salzburg soll rot-weiß werden – wie gemunkelt, wie befürchtet: für einige Monate war das dann tatsächlich die Realität in unserer Stadt.
Von Wegen
Der Rest ist Geschichte – eine nunmehr fast zwei Jahrzehnte lange Ära, in der sich schon anhand so vieler Beispiele bewahrheitet hat: Die Austria wird einfach alle(s) überleben! 19 Jahre, in denen wir Austrianer eigenständig unsere Wege gehen. Wege, die genau so steinig geworden sind wie anzunehmen war, vielleicht sogar noch härter, die uns aber stets durch eine Fußballwelt nach unseren Vorstellungen geführt haben und das weiterhin tun. Und diese Welt befindet sich, wenn schon im gleichen „Sonnensystem“, doch auf einem gänzlich anderen Planeten.
Wann immer es Konstellationen gab, für Vergleiche oder gar Aufeinandertreffen dieser beiden Welten, hieß es „David gegen Goliath“ – und ja: David hat auch schon gewonnen!
Insgesamt aber tun wir uns den größten Gefallen auch weiterhin weniger mit derlei Gegenüberstellung, sondern mit der wöchentlichen Reise durch unsere Fußballwelt, die – durch unser Zutun auf und neben dem Platz – zu einem immer besseren Ort wird, wie wir in dieser Saison wieder ganz deutlich merken.
Austria-Atmosphäre: Wir siegen für den Fußball!
Deshalb dürfen wir in diesem Frühjahr, in dem sich das größte Hoch unserer Vereinsgeschichte zum 30. Mal jährt, zwischendurch auch mal stolz sein auf jene Weichenstellung, die wir dieser Erschütterung von 2005 unter schwierigsten Gegebenheiten entgegengesetzt haben. Auch wenn dabei zwangsläufig Widersacher aus der Mottenkiste kommen ist es wichtig, die Errungenschaften unserer jüngeren Geschichte lebendig zu halten und davon zu erzählen.
Denn wenn er davon Bescheid weiß, der typisch sinnsuchende Teenager unserer Zeit mit Esprit und Lebenslust, dann wird er selbst merken:
Der Sieg, den diese Fans in violett und weiß Mitte der 2000er-Jahre für sich und die Identität von Austria Salzburg erkämpft haben, ist mehr noch als der Triumph von Underdog David gegen Goliath – er ist ein Symbol insgesamt dafür, dass unser liebgewonnener Fußball, dass eine gewachsene Fußballkultur niemals weichen wird, nur weil’s dem Kapital gerade in den Kram passen würde.
Austrianer, ihr sorgt bekanntlich jede Woche für einzigartige Stimmung, die unsere Mannschaft trägt. Alle gemeinsam bewirken wir mit unserer unablässigen Ausdauer, jede Hürde aus dem Weg zu räumen, sogar noch mehr – um im Fußballplanetarium zu bleiben:
Wir haben um unsere Fußballwelt, die wir mit den meisten Klubs teilen, eine Atmosphäre geschaffen, die Bewusstsein bildet und sie schützt, allzu leicht von Investoren, windigen Deals und nicht ganz selbstlosen Interessen ausgebeutet zu werden. Das ist unsere Existenz, das ist unser Signal – es ist unser größter Sieg!