Drei Jahre lang suchte Lukas Herzog das Abenteuer und öffnete sich das Transferfenster in die weite Welt der näheren Fußballumgebung. Jetzt ist der kecke Blondschopf zurück in Leogang, wo er wieder für seinen Stammverein auf Torejagd geht.
Verabredung zum angeregten Fußballplausch am Lieblingsplatzerl des Protagonisten – er hat schon ein paar Minuten vor mir Platz genommen am Panoramabankerl nahe der Sinnlehenalm. Seine bezaubernde Freundin hat er mitgenommen und eine Flasche halbwegs kaltes Feierabendbier. So vergeht alle Zeit, bis auch meine Wenigkeit eintrifft.
Da ist Lukas wohl pünktlich rausgekommen um 18 Uhr vom Priesteregg, seinem schicken neuen Arbeitsplatz. Von einem schmucken Paradies zum nächsten, könnte man sagen – erst im Juli war der Masseur vom Forsthofgut hierher auf den Sonnberg gewechselt, wo seine gefühlvoll-zarten Hände fortan die Wanderfüße der Urlaubsgäste kneten.
Die Wechsellust des Wandervogels
Mit dem Wechseln hatte er es überhaupt in letzter Zeit, der junge Leoganger – auch im Fußballerleben. 2019 kamen ambitionierte Tiroler an „Luggi“ heran. Für ihre großen Ziele suchten sie just diesen kleinen Mann und der war passenderweise auf Wechselwille gebürstet. In den folgen zwei Jahren schnürte Herzog seine „Packeln“ in Fieberbrunn, wo die neu zusammengestellte Spielgemeinschaft Pillerseetal sich anschickte, bald zu den besten Adressen im Tiroler Unterhaus zu gehören.
Doch auch die legendäre Lehmgrube an der schattigen Böschung der B164 sollte letztlich nur ein Sprungbrett sein. Eines in die Regionalliga nämlich, in eine höhere Sphäre. In eine glamourösere Kleinstadt und sogar in eine heller glitzernde Fußballwelt, wie der heute 24-Jährige verrät: „Da werden einem alle Trainingsleiberl gewaschen, die legst du ab und hast sie am nächsten Tag vor der Einheit wieder frisch im Fach“, erzählt Herzog von seiner Zeit beim FC Kitzbühel.
Ob er das cool und galant fand? Nicht so sehr, wie Mimik und Gestik des bodenständigen Kickers zu entnehmen ist. „Da trittst du dann nur noch mit dem Toiletttascherl zum Training an“, erinnert sich Lukas auch an den Druck, den es mit sich bringt, wenn man wirklich nur noch das reine Fußballspielen vor sich hat.
Next stop Kitzbühel: Im Glamour der Gamsstadt
Viermal pro Woche wurde in der Gamsstadt trainiert, einmal mehr als in den Ligen darunter. „Luggi“ erinnert sich an ein Regionalliga-Match mit den Kitzbühelern letzten Sommer in Fügen, wo er mit seinem neuen Klub 4:1 gewann und gleichmal den Assist zu einem Treffer beisteuern konnte. Man kann damit sagen, dass Kitzbühel dank des edlen Füßchens des Leogangers einen formal höheren Sieg in Fügen zustande brachte als ein Jahr später Red Bull Salzburg im ÖFB-Cup (3:0).
Viele Anekdoten gesellten sich daraufhin aber leider nicht mehr dazu, auch weil das häufige Pendeln angesichts familiärer Umstände zusehends herausfordernder wurde. Alles Makulatur, alles Konjunktiv, aber doch auch Ausdruck gesunden Selbstvertrauens, wenn Lukas zuversichtlich behauptet, dass er beim heutigen FC Kitzbühel eine deutlich größere Rolle spielen würde als das seinerzeit der Fall war.
Profi sein – und ganz viel Schein
Die letzte seiner drei Stationen brachte Herzog dann schon wieder recht nahe an seine Heimat heran. Beim FC Pinzgau sollte es jedoch bei einem noch kürzeren Intermezzo bleiben, man kann’s schon so sagen: Zu groß die Strahlkraft unseres Sportclubs, zu groß die Lust, wieder in den richtigen Farben zu zaubern.
Selbst bloß an der Geringfügigkeitsgrenze zu verdienen war für „LH“ okay. Eigene Profi-Absichten hegte Herzog in den wenigen Monaten in Saalfelden nie, wie er beteuert. Etwas absurd bewertet er aber die Relationen und das Gesamtgefüge in der Bürgerau: „Ich habe da mit Spielern trainiert, die einen Profivertrag hatten, von denen ich manch einen aber schwindelig spielen konnte“, sinniert Lukas von seinen Eindrücken in der Nachbarstadt. Beziehungen und einiges an Gutdünken seien ausschlaggebend dafür, wer überhaupt einen monatlich vierstellig dotierenden Profivertrag habe und wer nicht, erzählt Herzog betont neidlos. Der Deklaration „Profi“ zuliebe hätten sich solche Fußballarbeiter nach den Einheiten gerne noch mit der einen oder anderen Dehnungsübung von ihren Amateurkollegen abgegrenzt, schildert „Luggi“, der einfach nur froh ist, zurück zu sein.
Back where he belongs
Zurück zu sein und weg von einer Welt, die auch gemessen als Regionalliga-Maßstäben – also vergleichen mit Kitzbühel – ein völlig anderes, recht bemühtes Gehabe von Profitum abstrahlt, wie Lukas Herzog aus seinem Erfahrungsschatz zitiert. Ein ultrakurzes Telefonat mit Hannes Rottenspacher machte den Deckel drauf auf die Zeit in Saalfelden, die Tür im Heimatdorf ging daraufhin wie von selbst auf.
Schon im April dieses Jahres nahm Herzog in Leogang das Training auf. „Es fühlte sich an als ob ich nie weggewesen wäre“, schwärmt „Luggi“ vom Gefühl, wieder daheim zu sein.
Die Rückkehr sei leicht gefallen, weil sich im Kader gar nicht so viel geändert hat seit seinem Abschied. Gut 80 Prozent der Spieler sind immer noch die bekannten Gesichter von damals, verrät Lukas, der sich seit dieser Saison das fesche neue SCL-Trikot mit der Nummer 20 überstreift. Er selbst bekleidet eine neue Position: Einst Flügelspieler, zieht er nunmehr als Ballverteiler auf der zentralen Sechserposition die Fäden.
Vorn wird g’rennt – hinten ist man intelligent
Eine Alterserscheinung als Hintergrund für den Positionswechsel könne ausgeschlossen werden, versichert Herzog, der den „Schritt nach hinten“ eher seinem Zugewinn an Routine zuschreibt. Zusammen mit Moritz Gimpl soll von dieser wichtigen Schaltstelle aus kräftig Betrieb gemacht werden im Spiel der Schwarz-Weißen. Worin genau ist Lukas Herzog gereift in den letzten Jahren? „Ich habe enorm an Zweikampfstärke zugelegt, kann das Spiel besser lesen und bin auf verschiedene Situationen optimal vorbereitet“, beschreibt der sympathische Blondschopf selbst das neue Gesamtpaket „LH“ auf dem Rasen.
Bereit sein für körperbetontes Spiel, nebst eigenen Toren vor allem viele Scorerpunkte einheimsen und last bot not least einfach glücklich sein – das sind die Erwartungen, die Lukas Herzog zu Beginn dieser Saison in sich selbst steckt.
Es ist kühl geworden auf unserem romantischen Bankerl über den Dächern des Leoganger Ortszentrums. Die Bierflasche längst geleert, versinkt langsam die Sonne hinter den mächtigen Steinbergen. Clarissa sehnt’s nach Wärme. Geduldig hat sie unserem angeregten Talk gelauscht, jetzt hat sie sich ihren „Luggi“ ganz für sich allein verdient. Zum körperbetonten Spiel, vielleicht. Einfach um das zu finden, weshalb sie, Wandervogel Lukas und schon so viele vor ihnen hierher nach Leogang gekommen sind: Leichtigkeit, Freude, Glück – eben die wirklich wichtigen Dinge des Lebens.
Cooler Bericht, mit viel Humor.
Gratulation
Gruß Jürgen