Christian Jojart und seine Wachauer Kekserl
Wie ein 50-jähriger Konditor aus Melk seine jahrzehntelange Erfahrung in die Waagschale wirft, diese mit originellen Ideen verfeinert und damit lange Monate der Kurzarbeit sinnerfüllt durchlebt.
Wenn Christian Jojart morgens in seiner Backstube das Licht anknipst, dann tut er das dieser Tage schon wieder mit einer gewissen Routine. Und das, obwohl sich der erfahrene Konditor vergangenes Jahr von seinem langjährigen, gewohnten und längst lieb gewonnenen Arbeitsalltag beim süßesten Genuss-Hotspot im Melker Zentrum – nur einen Steinwurf von seinem Zuhause entfernt – verabschieden musste: Die Folgen von Corona machten auch vor jenem Traditionsbetrieb nicht Halt, bei dem er als zuverlässige Hand schon Jahrzehnte hindurch angestellt ist. Kurzarbeit, jeden Monat erhebliche finanzielle Einbußen – das ganz persönliche Schicksal dieser Zeit, wie es viele von uns ereilt hat seit Ausbruch der Pandemie.
Kekse kontra Krise
Doch nachdem im Frühjahr 2020 diese Probleme hereingebrochen waren, war Jojart schon klar, was zu tun ist. Womit kämpft es sich schließlich besser in unsicheren Zeiten als mit der Gewissheit um das eigene Können?! Im Konditorberuf seit 1985, bäckt „Joschi“, wie ihn seine Freunde nennen, schon seit den frühen Neunzigern jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit nebenbei selbst Kekse – für sich, seine Liebsten und im kleinsten Kreise.
Mit 35 Jahren Erfahrung und Know-how, vor allem aber mit einer ungebrochenen Leidenschaft für sein Werk, war es fast schon ein Leichtes, quasi aus der Not eine Tugend zu machen. Dazu drehte Christian Jojart im Herbst einfach an der Professionalisierungsschraube: Am 12. Oktober erfolgte die Gewerbeanmeldung bei der Wirtschaftskammer, eine Facebook-Seite wurde angelegt um die Bekanntheit zu steigern und ein Freund aus dem Salzburger Land, den Christian über seine Fußballleidenschaft vor Jahren kennengelernt hat, stand ihm in Sachen Marketing sehr hilfreich zur Seite.
Weihnachtskekserl: Tolle Kampagne, verblüffender Erfolg
Mehr Zeit als sonst üblich und große Ambition: doch wie viel Anklang die liebevoll in Handarbeit produzierten Weihnachtskekserl in Krisenzeiten wohl finden würden? Ganze zwölf Sorten hat Christian Jojart den Herbst hindurch in den Backofen geschoben. Erstmals im Sortiment waren fünf vegane Sorten und auch sonst mangelte es nicht an Kreativität: Die Corona-Linzer mit Covid-Maske gab’s mit einer Portion Galgenhumor obendrauf, humorvoll inszeniert wurde der Saison-Hit als „Scherzkeks des Jahres“.
So wandte sich der Zuckerbäcker mit der Weihnachtskekserl-Kampagne 2020 erstmals an eine größere Zielgruppe – in der Umgebung, aber auch darüber hinaus: Schöne Keksschachteln und Verpackungsmaterial wurden besorgt, Joschis süße Spezialitäten per österreichweitem Postversand – einen Versuch ist’s allemal wert, dachte sich der umtriebige „Kurzarbeiter“, dessen Lieblingssorte übrigens seine Linzerkipferl sind, wie er verrät.
Professionelle Plakate und Sujets sollten für die nötige Aufmerksamkeit sorgen und Appetit machen auf die süßen Versuchungen aus der Wachau. Und tatsächlich: Christian und ChrisTEXT, der Doppelpass der Fußballkumpels funktionierte. Besser noch als Jojart es sich erträumte. So sehr, dass noch eine Woche vor dem ersten Advent alles vergriffen und damit klar war: In diese Richtung soll es gehen.
Wenn Ostern wie Weihnachten schmeckt
Vor allem die neu eingerichtete Facebook-Seite hat sich bald als Erfolgsgarant erwiesen. Schnell wurde sie zum praktischen Verkaufskanal, stolze 378 Fans und Abonnenten zählt sie mit heutigem Stand. Und die bekommen vom Inhaber immer neue Anregungen für ihre süßen Geschmäcker: Schon rund um den Jahreswechsel folgten die nächsten Kreationen, Verführungen mit Schoko und Kokos, ehe Ostern zu Weihnachten wurde…
Farbenfrohe Kekserl mit regionalen Zutaten schmecken nämlich immer, ganz egal ob sie der Nikolaus bringt, das Christkind oder eben der Osterhase. Dieser kam unlängst im Linzerteig daher, ebenso wie die etwas anderen Ostereier im zart-mürben Osternest des Melker Kekserlkönigs. Das nächste große Special ist gerade am Start: Die Muttertagskekserl, Schoko-Linzer und Linzer in Herzform, dazu als absolutes Highlight das 1-Kilo-Riesenherz mit 500 Gramm herrlicher Wachauer Marillenmarmelade.
365 Tage im Jahr: Wachauer Kekserl haben immer Saison
Von Weihnachten über Ostern bis zum Muttertag – da ist der Bogen kein weiter mehr zum absoluten Alleinstellungsmerkmal: Kekse, das ganze Jahr hindurch. Genau diese Besonderheit realisiert Christian Jojart jetzt. Im Frühling wurde der gesamte Außenauftritt weg vom weihnachtlich-saisonalen Fokus, hin auf die ganzjährige Präsenz adaptiert. Seither läuft alles unter der Bezeichnung „Wachauer Kekserl“ und im Zeichen des neuen, edlen Logos.
Fast schon folgerichtig kommen in Kürze die originellen Sorten von Jojarts erfrischender Sommeredition, die der leidenschaftliche Kreativkonditor ebenfalls über seine Facebook-Seite mit österreichweitem Post-Schnellversand zum Kauf anbieten wird. Es ist nichts anderes zu erwarten, als dass auch die Wassermelonen aus saftigem Butterteig im bunten Mix mit Ananas, Pfirsichen, Bananen, Zitronen, Kirschen und natürlich Marillen in Keksform Anklang finden werden. Mit Witz und Anpassungsfähigkeit sind die Wachauer Kekserl jetzt also drauf und dran, zum süß-sündigen Sommerhit zu werden.
Süße Zukunftsaussichten
Heimatverbunden ist der Niederösterreicher ja, doch ständig nur daheim zu sein geht dem reiseaffinen Konditor dann doch auf den Keks. Deshalb geht’s im September zusammen mit Lebensgefährtin Silvia zu einem lange ersehnten Urlaub nach Island, wo die Akkus nochmal richtig aufgeladen werden sollen, bevor im Herbst die bislang meisten Kilos an Weihnachtskeksen in Produktion gehen.
Um die rege Nachfrage, wie sie für Christian Jojart in dem Ausmaß zunächst doch etwas überraschend kam, künftig noch besser bedienen zu können, wurde jüngst ein großer Produktionstisch aus Edelstahl sowie ein praktisches Regal für die Zutaten angeschafft. Für die Zukunft ist auch ein zweiter Backofen angedacht, jedenfalls sofern der aktuelle Erfolg des spätberufenen Selbstständigen weiter anhält.
Eine betonte Verbundenheit zur Wachau und regionalen Zutaten, Kreativität, Fleiß und ganz viel Liebe bei der Verarbeitung, dazu ein sympathischer, zeitgemäßer Auftritt zum Erobern der Zielgruppe: Damit hat es Christian Jojart, ein echtes Melker Urgestein, just in dieser ungewissen Zeit geschafft, ein kleines Gewerbe mit Standort bei sich daheim zu etablieren. Seither versüßt er Naschkatzen in ganz Österreich das Leben und sich selbst die Zeit der Kurzarbeit, die voraussichtlich noch bis Juni läuft. Und die er besser kaum hätte gestalten können.