Fast jede zweite Bürgerin und jeder zweiter Bürger in Österreich bereichert sein Leben mit freiwilligem Engagement. 46 % der Bevölkerung ab 15 Jahren sind es laut einem Bericht des Sozialministeriums aus dem Jahr 2019, die hierzulande in irgendeiner Form freiwillig oder ehrenamtlich tätig sind. Ich habe mich in unserer Region nach Heldinnen und Helden unbezahlten Schaffens und Wirkens umgesehen. Zum Internationalen Tag des Ehrenamts, der gemäß UN-Beschluss seit 1986 jedes Jahr am 5. Dezember begangen wird, möchte ich heute, exemplarisch für viele, die Wasserrettung Saalfelden vor den Vorhang holen.
Die regennasse Nacht auf den 5. August 2021 werden Birgit und Manuel so schnell nicht vergessen: Schriller Pieps reißt das Paar aus dem Schlaf, um 3:20 Uhr ertönt das Alarmgerät im Zimmer. Schnell raus aus der flauschigen Decke und ab zur Zeugstätte am alten Bauhofsareal – es ist der allererste Einsatz der beiden Neo-Wasserretter, die sich der Ortsgruppe erst vor wenigen Tagen angeschlossen haben. Ihre Matratze daheim wird noch warm sein, da sitzen sie schon unter Blaulicht im Einsatzwagen. Eine Handvoll Freiwilliger macht sich mit ihnen auf den Weg in den Oberpinzgau, die eilige Fahrt nutzt die kleine Truppe noch für eine Einsatzbesprechung.
Reisender Mann im reißenden Fluss
Angekommen am Ziel in Neukirchen, bietet sich den Einsatzkräften eine heikle Mission. Ein Mann befindet sich mitten in der Salzach auf einer Sandbank, die wohl erst aus den Unwettern einige Wochen zuvor entstanden ist. Der bedrohlich hohe Pegelstand erfordert rasches Handeln. Im Zusammenspiel mit mehreren Ortsgruppen der Wasserrettung und weiteren Blaulichtorganisationen gelingt letztlich die Rettung. Mittels Raftingboot kann der offenbar betrunkene Urlaubsgast aus seiner misslichen Lage befreit und ans Ufer gezogen werden. Er sei hier eingeschlafen, gab der Deutsche später an.
Mit dem Morgengrauen dieses Donnerstags ist dieser eindrückliche erste Einsatz für Birgit und Manuel geschafft. Zufrieden über den Verlauf wechseln sie vom Neoprenanzug ins Zivilgewand, der Arbeitstag steht ja erst bevor.
Freilich nimmt nicht jede Mission der Wasserretter ein so glückliches Ende, ein tragisches Unglück hat das leider auch diesen Sommer wieder bewiesen. Vom Schlimmsten auszugehen gehört da leider zur Arbeit, das wissen auch die Beiden, weil die Überlebenschancen im Wasser schon nach kurzer Zeit sehr gering sind.
Die Wasserretter vom Steinernen Meer
Ortsstellenleiter Philipp Holzer berichtet von einem insgesamt sehr herausfordernden Jahr. Viele der Einsätze, vor allem Suchaktionen, seien besonders langwierig verlaufen. Auch zu Katastrophenereignissen und Verkehrsunfällen werden die Wasserretter immer wieder gerufen, 22 Mal wurde es allein heuer ernst. 635 Einsatzstunden leisteten die 21 aktiven Kräfte dabei, vier von ihnen sind übrigens Frauen, dazu kommen 300 Schulungs- bzw. Tätigkeitsstunden.
Obwohl Corona besonders im ersten Halbjahr vieles im Vereinsleben unmöglich machte, bilanziert Holzer auch 2021 mit 25 Schulungen. Vom Blackout-Vortrag bis zur richtigen Herangehensweise im Fließwasser reicht das vielfältige Repertoire, welches sich diese engagierten Männer und Frauen laufend aneignen. Gefragt ist all die Vielseitigkeit dann auch bei so manchem Einsatz: Ende Oktober etwa konnte am Ritzensee ein Schwan an Land getrieben und gerettet werden, nachdem er einen Angelhaken verschluckt hatte.
Neu 2022: Die Jugend-Wasserrettung Saalfelden
Dass unterdessen auch der Spaß nicht zu kurz kommt, haben Saalfeldens Wasserretter auch in diesem schwierigen Jahr bewiesen. Im Juni war man beim Badeentenrennen des Elternvereins der Volksschule Saalfelden mit von der Partie, Anfang August dann beim großen „Daddy´s Day“, wo neugierige Kids nicht nur sprichwörtlich ins Boot der Wasserretter kommen durften und kleine Spielchen für beste Laune sorgten.
Nägel mit Köpfen in Sachen Nachwuchsarbeit will man dann im kommenden Jahr machen, wie die Ortsgruppe schon jetzt durchblicken lässt: Für 2022 ist die Gründung der Jugend-Wasserrettung geplant, wo 9- bis 15-Jährige im Zweiwochenrhythmus mit spielerischer Übung an die Skills der aktiven Mannschaft herangeführt werden. Dabei wird an der Schwimmtechnik gefeilt, die Knotenkunde vermittelt, es gibt interessante Schulungen zu den Gefahren im Wasser und Erster Hilfe und die jungen Wasserengel lernen die Rettungsgeräte kennen – all das eben verbunden mit einer Menge Spaß, ohnehin lieben viele Kinder bekanntlich das nasse Element.
Raftingboot benötigt: Helfen wir den Rettern!
Last but not least bleibt anzumerken, dass liquide Mittel auch bei den Wasserrettern keine Selbstverständlichkeit und stets knappes Gut sind. Die Ortsstelle Saalfelden finanziert sich ausschließlich durch Spenden, Subventionen, Mitgliedsbeiträge und Sponsoren.
2021 ist bei einem Einsatz leider das Raftingboot der Wasserrettung kaputt gegangen – besonders bitter, da ein solches bei den allermeisten Einsätzen unbedingt benötigt wird. Die Lage am Rohstoffmarkt tut ihr Übriges, dass die dringend erforderliche Neuanschaffung mit 4.300 Euro gehörig zu Buche schlagen wird.
Erst seit 2018 gibt es die Ortsstelle Saalfelden, organisiert im Landesverband Salzburg der Österreichischen Wasserrettung. In der kurzen Zeit hat sich der kleine Verein zu einer bedeutenden Rettungsorganisation für den gesamten Großraum entwickelt. Umso wichtiger ist es jetzt, diese wertvolle Tätigkeit des Ehrenamtes aufrechtzuerhalten. Wir alle können mithelfen und einen Beitrag leisten, dass bei diesen tollen, hilfsbereiten Menschen weiterhin „alles im Fluss“ bleibt!
Wasserrettung Saalfelden
Notruf 144
Helfen wir den Rettern!
Spendenkonto
IBAN: AT32 3505 3000 0009 6180
BIC: RVSAAT2S053
Fotos und Logo (c) Wasserrettung Saalfelden,
zur Verfügung gestellt von Ortsstellenleiter Philipp Holzer;
Foto über den Ritzensee im Titelbild (c) ChrisTEXT.com