Bedeutungslos, aber besonders

Trikot Austria Salzburg 2023

Meine, diesmal ganz persönlichen, Leitgedanken im Austria-Salzburg-Stadionheft VioLetter, Ausgabe von Samstag, den 10. Juni 2023. Sie handeln vom vergangenen Wochenende, von unserem Gastspiel in der vorletzten Runde der Saison auswärts beim TSV St. Johann – von einem Spiel, bei dem es rein tabellarisch um nichts mehr ging.

Ein Spiel von völliger Bedeutungslosigkeit. Ein Pflichtspiel zwar, aber frei von jeglichem sportlichen Belang. Kein Hinauf mehr, kein Hinab, kein Zuckerl der Hoffnung, kein Zittern und kein Drohszenario. Unwichtiger wohl als jedes Testspiel in der Aufbauphase. Unwichtiger wohl gar als jedes Freundschaftsspiel, frei nämlich auch von jeder größeren Symbolik.

Zugegeben: Für mich war dieses Auswärtsspiel vergangenen Samstag in St. Johann unwichtig genug, dass ich mal eben meine Teilnahme an einem Jux-Turnier in meiner Heimatgemeinde zugesagt habe. Ortsteileturnier, ein spaßiger Kick den meisten Tag über, möge es dauern so lange es wolle, das Ganze. Der Matchbesuch in St. Johann war zwar als „wahrscheinlich“ auf meiner Agenda, aber das Prädikat „unbedingt“ habe ich fallen gelassen an diesem Tag. Überrascht von unserem guten Abschneiden beim Turnier, streckte sich das Gaudium im Dorf dann auch bis spät in den Nachmittag, bis zu unserem Spiel um Platz drei, um genau zu sein.

Ein glücklicher Umstand, im Nachhinein betrachtet, dass wir das „große Finale“ verpasst haben – denn so kam’s dann immerhin noch zu einer 50-50-Entscheidung: Lass ich jetzt den Tag daheim gemütlich ausklingen oder tu ich mir den Stress an? Auch für gewiss nur eine Halbzeit durch den angebrochenen Spätnachmittag hetzen? Die Füße taten weh, bei einem Finger waren die Knochen ausgehakelt – selbst schuld, die Packeln zwei Nummern zu klein, zwei Nummern zu groß die Tormannhandschuhe. Trotzdem: Heim mit dem Radl, ratzfatz unter die Dusche, rein ins Auto, ab zum Bahnhof – immerhin freie Fahrt an diesem Tag…

Ankunft in St. Johann um 18:28 Uhr, da war das Spiel schon fast eine halbe Stunde alt. Der Fußmarsch zum Platz durfte gemütlichen Tempos sein, mit Durchgang eins war’s das sowieso, bis ich dort sein würde – komm ich halt im Laufe der Halbzeitpause und zahle keinen Eintritt mehr für dieses überschaubar attraktive Rund. Doch so genau musste ich an diesem Tag gar nicht hinschauen, um das Gute am vermeintlich Halbgaren auszumachen.

Als 12. Mann in Joker-Rolle

Nur gut fünf Minuten in Halbzeit zwei und meiner Gegenwart brauchte es, dann sieht St. Johanns Kendlbacher in seinem Abschiedsspiel eine überaus harte glattrote Karte wegen Torraubs. Der folgend angezeigte Elfmeter wurde zwar zum Freistoß revidiert, der dann aber im Nachsetzen reinging. Anschlusstreffer da, und mit der gesamten Gemengelage auch schwuppdiwupp Emotion, die dich jede sportliche Bedeutungslosigkeit eben mal vergessen lässt.

Der Rest sei abgekürzt: Da dreht unsere Mannschaft doch tatsächlich den 2:0-Pausenrückstand und gewinnt am Ende mit 3:2. Habe ich wirklich an allen Ecken und Enden gefehlt, die halbe Partie über? Mehr Fan-Karma kannst du jedenfalls nicht auftanken in 45 Minuten. Was für eine Belohnung für die – letztlich ja doch überschaubaren – Anstrengungen, die man halt wieder mal auf sich genommen hat, für den geilsten Verein der Welt?!

Und es war immer noch ein Pflichtspiel. Das erste gar seit 1949 (!), in dem ein Zwei-Tore-Pausenrückstand noch gedreht werden konnte und am Ende ein Sieg stand – in einem Heimspiel aber, damals. Ob’s das auswärts überhaupt schon einmal gegeben hat in unserer bald 90-jährigen Vereinsgeschichte?
Um eine Lehre daraus zu ziehen: Jedes, wirklich jedes Spiel hat seine Besonderheiten. Und auch wenn eben beschriebene nur meine ganz persönliche Anekdote ist – der Fußball schreibt tausende davon, an jedem Wochenende.

Wir müssen nur aufmerksam genug dabei sein, das Schöne dieses Spiels wahrzunehmen und schon können wir sie lesen, all die unglaublichen Geschichten, von denen man sich sagt: die nur der Fußball schreibt.